MitGefühl & EmPathie: Eine Ausstellung der Diakonischen Brüder- und Schwesternschaft
Schirmherr der Ausstellung - Geleitwort

Grundsicherung und Arbeitsförderung, Kranken-, Unfall-, Renten- und Pflegeversicherung, Kinder- und Jugendhilfe, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen und nicht zuletzt Sozialhilfe: Gerät der Mensch in Not, greift ein Gesetz. Zwölf Bücher gleich beschreiben in dieser Gesellschaft die sozialen Rechte, definieren differenziert Anspruch, Akteure und Leistungen. Mit anderen Worten: Mission accomplished - Problem gelöst. Notlagen werden durch Normen gelöst, so ist das in Deutschland des 21. Jahrhunderts. Und wer helfen will, braucht vor allem: Professionalität und Rechtssicherheit.
Stimmt!
Und stimmt doch wieder nicht.
„MitGefühl & EmPathie“ – pointiert weist die Ausstellung der Diakonischen Brüder- und Schwesternschaft und der Diakonenausbildungen Wittekindshof auf den Ursprung und den Kern allen dienenden, hilfreichen Handelns. Diakonie gründet in dem Impuls, sich anrühren, sich bewegen zu lassen von Not und Bedrängnis, zu sehen, wo und wie die andere sich befindet, hinzuschauen, hinzuhören, mitzufühlen. Was für Juden, Christen und Muslime wiederum in erster Linie keine Frage der Moral, sondern der Gotteslehre ist. Wir glauben an einen Gott, dessen erste und hervorragende Eigenschaft nun einmal diese ist: Barmherzigkeit. „Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen, und ihr Geschrei über ihre Bedränger habe ich gehört; ich habe ihre Leiden erkannt.“ So stellt Gott sich vor – am Dornbusch. Grunddatum seiner Geschichte mit Israel. Für uns Christen wiederum wohnt das große Wort Barmherzigkeit mitten unter uns – als Mensch. Es ist der Barmherzige, der sich für uns in die Krippe legt und ans Kreuz schlagen lässt. Das ist der Angelpunkt des Neuen Testaments. Während Muslime mit dem ersten Vers der ersten Sure den Allerbarmer und Allbarmherzigen bekennen.
Mitgefühl und Empathie sind auf einem langen Weg von der Tora bis zu den Sozialgesetzbüchern des 21. Jahrhunderts als Leitmotive eingeschrieben in unseren Glauben, unsere Geschichte, unsere Kultur. Soziale Unternehmen, die der Würde des Menschen zu dienen haben, können auch in einer sozialstaatlich normierten Gesellschaft ihrem Wesen nur gerecht werden, wo sie diesem Grundimpuls folgen. Es geht um weit mehr als Normen und Profit. Weshalb eine diakonische Gemeinschaft ganz und gar bei ihrer ureigensten Sache ist, wo sie Mitgefühl und Empathie ins Blickfeld rückt.
Gott sei Dank – für diese Ausstellung und für alle, die sie ermöglicht haben. Möge sie ihre Besucherinnen und Besucher inspirieren – dem Geist der Barmherzigkeit zu folgen und zu trauen.
Ulf Schlüter, Theologischer Vizepräsident der EKvW
Grußwort aus dem VEDD

Mitgefühl und Achtsamkeit in sich und für andere ist ein zentraler Bestandteil unseres Zusammenlebens, ganz besonders in den Begegnungen, in denen Menschen auf Begleitung und Unterstützung angewiesen sind.
Zuspruch geben und Not lindern, durch Wort und Tat, ist ein Merkmal diakonischer Berufe und diakonischer Einrichtungen. Es sind Menschen und Orte, die diese Haltung der Nächstenliebe offenhalten. Mitgefühl und Empathie ist Teil ihrer Kompetenz und zeigt sich in ihrem Handeln.
Diakoninnen- und Diakone absolvieren für diese Arbeit eine doppelte Qualifikation. Sie werden in einem sozialen oder pflegerischen Fachberuf und zusätzlich theologisch-diakonisch ausgebildet. Damit lassen sie sich in eine diakonische Gemeinschaft berufen, um sich lebenslang dieser Haltung zu vergewissern.
Der Verband Evangelischer Diakone-, Diakoninnen und Diakonatsgemeinschaften, Dachverband von 22 Mitgliedsgemeinschaften, unterstützt diese Ausstellung als wichtigen Wegweiser für gelingende diakonische Arbeit der Kirche in der Welt.
Wir danken der Ausbildungsstätte, der diakonischen Gemeinschaft und dem Unternehmen Wittekindshof, dass sie miteinander diese Ausstellung entwickelt haben. Gemeinsam setzten sie so ein starkes Zeichen für Mitmenschlichkeit!
Wir wünschen der Ausstellung viel Wirkkraft an ihrem Ausgangspunkt im Wittekindshof - und Ausstrahlung an all den anderen Orten, zu denen sie dann wandert.
Heidi Albrecht
Diakonin Heidi Albrecht, Geschäftsführerin VEDD 05.08.2019
Vorwort

Die Brüder- und Schwesternschaft des Wittekindshofes ist fest in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof verankert. Ihr ist in der Stiftungssatzung ein eigener Paragraph § 14 gewidmet: „1. Zur Stiftung gehört die Diakonische Brüder- und Schwesternschaft Wittekindshof. Sie wirkt an der Erfüllung des satzungsgemäßen Auftrages des Wittekindshofes mit.“
Diese Mitwirkung an der Erfüllung des satzungsgemäßen Auftrages zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen geschieht in verschiedenster Weise. Die Brüder- und Schwesternschaft hat dazu eine eigene Angebotspalette entwickelt. Zu ihren Angeboten gehören die Bildung in diakonisch-theologischen Sparten (neben der Diakonenausbildung die Ausbildung Diakonischer Mitarbeiter*innen sowie die berufsbiografische Begleitung der Mitglieder und Mitarbeitenden der Stiftung), weiterhin Angebote im Bereich der Spiritualität, der Begegnung sowie der Seelsorge und Begleitung, die sich an alle Mitarbeitenden richten.
Für die Prägung der evangelischen Identität unserer Stiftung gemäß Loyalitätsrichtlinie der EKD hat die Brüder- und Schwesternschaft auf diese Weise eine ganz wichtige Bedeutung. Für die Stiftung sind die Bildungsangebote der Brüder- und Schwesternschaft besonders prägend, aber auch in den weiteren Feldern trägt das Engagement der Diakonischen Gemeinschaft zur Profilbildung und Pflege der Mitarbeiterschaft wesentlich bei.
Vor allem die spirituellen Angebote setzen in der Stiftung einen ganz eigenen Akzent. So beschäftigt sich die Gemeinschaft in verschiedensten Veranstaltungen und Formen mit emotionalen Themen der diakonischen Arbeit des Wittekindshofes: Mitgefühl, Achtsamkeit, Resonanz und Empathie (abgekürzt: WiMARE). Sie profitiert dabei von dem reichen Erfahrungsschatz der Gemeinschaftsmitglieder zur Frage der diakonischen Haltung. Sie versucht, eine biblisch orientierte emotionale Öffnung für die Klienten, andere Gemeinschaftsmitglieder und sich selbst mit modernen Begrifflichkeiten in Verbindung zu bringen und für die Arbeit in der Stiftung fruchtbar zu machen. Die Beschäftigung mit diesen Themen hat in den letzten Jahren eine sehr produktive Eigendynamik bekommen. Sie setzt zukunftsweisende diakonische Impulse, die bis weit in die Stiftung hinein wirken – und auch über den Wittekindshof hinaus.
Ein sehr schönes Ergebnis dieser Beschäftigung ist die Ausstellung zum Thema Mitgefühl und Empathie, die auf dem Brüder- und Schwesterntag 2019 unter Schirmherrschaft unseres Theologischen Vizepräsidenten der Ev. Kirche v. Westfalen Ulf Schlüter eröffnet werden wird und dann an verschiedenen Orten gezeigt wird. Die vorliegende Broschüre bietet dazu reichhaltiges Material. Ich danke allen sehr herzlich, die an diesem wegweisenden Projekt mitwirken.
Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke
Vorstandssprecher der Diakonischen Stiftung Wittekindshof
Vorsteher der Brüder- und Schwesternschaft
Ausstellung

Die Ausstellung hat das Kernthema „Mitgefühl“. Weitere Themen sind „Achtsamkeit“ und „Resonanz“.
Die Ausstellung soll zum einen die christlichen Wurzeln und Bedeutungen des Konzeptes Mitgefühl zeigen. Zum anderen soll deutlich werden, welche Verbindungen bestehen zu modernen Konzepten der Aufmerksamkeit (Achtsamkeit) und Gestaltung von Beziehungen (Resonanz), die Prozesse des Denkens und insbesondere der Emotionen einbeziehen.
Die drei Konzepte sind geeignet, den grundsätzlichen Zusammenhang zwischen Aufmerksamkeit, sozialen Emotionen und zwischenmenschlichen Beziehungen genauer zu betrachten. Das zeigt zum Beispiel die Aufnahme der Verbindung von Mitgefühl und Achtsamkeit in den Erziehungswissenschaften. Mitgefühl und Selbstmitgefühl haben sich dabei zu einem sehr wichtigen, eng mit Achtsamkeit verbundenen Forschungsfeld mit großer Bedeutung für Schulpädagogik, Lehrerbildung und Lehrergesundheitsförderung entwickelt. Damit ist ein wesentlicher Aspekt der Intention der Ausstellung beschrieben, denn sie richtet sich eben auch an Kinder und Jugendliche.
Inzwischen werden die Konzepte des Mitgefühls und der Achtsamkeit in der Gesundheitsförderung Mitarbeitender in pflegerischen und sozialen Berufen eingesetzt. So hat z.B. die Charité in Berlin Möglichkeiten zur Mediation für die pflegerischen und ärztlichen Teams der Intensivstationen eingeführt.
In der aktuellen öffentlichen und politischen Diskussion ist Mitgefühl ein häufig genutzter, aber gleichzeitig umstrittener Begriff: In der Debatte um die Aufnahme Geflüchteter, in der wachsenden Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr, in der Anteilnahme, wie aber auch den Hasstiraden innerhalb der sozialen Medien.

Spektakuläre Fortschritte hat die wissenschaftliche Erforschung von Mitgefühl und Empathie insbesondere durch die Neurowissenschaften gemacht. Die neuen Erkenntnisse führten auch dazu, dass nachweislich das Erlernen und Trainieren vieler Aspekte des Mitgefühls in Therapie und Meditation Stressreduktion und Gesunderhaltung bewirken. Bei all dem wird oft übersehen, dass Mitgefühl zu den zentralen Konzepten des christlichen Glaubens gehört.
Mitgefühl – in kirchlicher Sprache noch häufig Barmherzigkeit genannt – steht im Zentrum des Christentums, des Judentums, des Islam, des Buddhismus und zahlreicher anderen Religionen.
Zwanzig bebilderte Tafeln nehmen sehr unterschiedlich Aspekte der Themen auf. Dabei besteht zum einen die Möglichkeit, einfach einzelne Bilder mit kurzen Information auf sich wirken zu lassen. Für viele Themen sind aber auch vertiefende Informationen hinterlegt. Ebenso gibt es Möglichkeiten, sich kleine informative Filme anzuschauen, die auf den Monitoren zu sehen sind, aber auch bei Interesse auf dem eigen Smartphone abrufbar sind. Viele der Themen sind auch pädagogisch aufbereitet für Kinder aus Kindergärten und Grundschulen.
Einige Texte und Themen sind auch in leichter Sprache verfügbar. Mit diesen und anderen besonderen Formen der Kommunikation werden vor allem Menschen mit Behinderungen angesprochen. Die Ausstellung wird nach dem 15. November für 14 Tage im Haus Morgenstern zu sehen sein. Hier gibt es mit Voranmeldung die Gelegenheit, mit Gruppen von Kindern, aber auch von Mitarbeitenden und von Menschen mit Behinderungen eine Führung zu bekommen.
Danach wird die Ausstellung an eine Schule in Bad Oeynhausen verliehen. Im Jahr 2020 wird sie dann zunächst wieder im Wittekindshof sein. Anschließend soll sie wandern, das heißt sie wird an verschiede regionale und überregionale Interessenten wie z.B. Bildungseinrichtungen, Kommunen und Kirchengemeinden verliehen.